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Oktober 2021

MES gedenkt ihrem Namensgeber

 

In einer feierlichen Gedenkstunde hat die Haus- und Landwirtschaftliche Schule ihrem Namensgeber Matthias Erzberger gedacht.
Anlässlich des einhundertsten Todestages des großen Politikers und Demokraten, der 1921 von antidemokratischen Kräften ermordet wurde, fand zu seinen Ehren eine Festveranstaltung in der Aula des Kreis-Berufsschulzentrums statt.
Die „Ouvertüre“ bestand aus dem bekannten Soundtrack der Serie „Babylon Berlin“. Zu dem Song „Zu Asche, zu Staub“ liefen Schülerinnen in der Art zeitgenössischer Zeitungsjungen mit umgehängten Plakaten durch die Reihen. Auf diesen waren Schlagzeilen der damaligen Zeit zu lesen.
Schulleiterin Gabriele Kallenbach-Blasen begrüßte die Anwesenden zu der Gedenkfeier, die den Höhepunkt und Abschluss des Erzberger-Jahres an der MES darstellt. Unter dem Motto „Demokratie leben –bring dich ein!“ sollte ein breites Programm zur Demokratiebildung mit Blick auf Matthias Erzberger an der Schule stattfinden. Gabriele Kallenbach-Blasen verwies jedoch darauf, dass die Verwirklichung aufgrund der Pandemiesituation nur schwer möglich gewesen sei, zumal lange Zeit keine Schülerinnen und Schüler in der Schule vor Ort gewesen sind. Einige Projekte wurden aber dennoch verwirklicht, wie im Laufe der Veranstaltung noch zu sehen sein war. Mit dieser Veranstaltung reihe sich die Matthias-Erzberger-Schule nun in den prominenten Reigen der vorangegangenen Veranstaltungen und Ehrungen zum Vermächtnis Erzbergers ein.
Weiter ging Gabriele Kallenbach-Blasen der Frage nach, warum gerade die Haus- und Landwirtschaftliche Schule in Biberach den Namen Erzbergers vor 35 Jahren verliehen bekommen hat. Sie kam zu dem Schluss, dass die Schule sich glücklich schätzen könne, einen Mann wie Erzberger als Namenspatron zu haben. Sie verwies auf seine Verdienste bei der Schaffung der Grundlagen eines modernen und demokratischen Staatswesens in Deutschland. Auch ging sie auf seine Steuer- und Finanzreform ein, die Erzberger als Finanzminister mit dem Ziel des sozialen Ausgleichs vorantrieb. Die hier gelegten Grundlagen wirkten bis heute nach, so Oberstudiendirektorin Gabriele Kallenbach-Blasen.
Den zentralen Gedenkvortrag hielt der ausgewiesene Historiker Dr. Christopher Dowe. Dieser hat eine wegweisende Bibliografie zu Matthias Erzberger verfasst und ist am „Haus der Geschichte Baden-Württembergs“ u.a. für die Bewahrung des Erzberger-Erben zuständig. Er näherte sich der Person des großen oberschwäbischen Politikers durch die „Brille der Demokratie“. Wichtig war ihm, den zuhörenden Schülerinnen und Schülern zunächst zu verdeutlichen, in welchem Umfeld Erzberger aufgewachsen ist. Ganz im Geiste des Obrigkeitsstaates des Kaiserreichs erzogen, entdeckte der Katholik von der Schwäbischen Alb schon bald seine Begeisterung für demokratische Ideen. Mit diesen trat er schon sehr bald weit über die Region hinaus in Erscheinung, so dass sogar Kaiser Wilhelm II. in ihm eine Bedrohung für sein Staatswesen sah. Dowe zeichnete den weiteren Werdegang Erzbergers nach, wobei er auch auf die Unterzeichnung des Waffenstillstandes nach dem Ersten Weltkrieg einging. Hier übernahm Erzberger im Gegensatz zu den bisherigen kaiserlichen große Verantwortung für Deutschland. Noch unpopulärer schien Erzbergers Einsatz für die Unterzeichnung des Versailler Vertrags. Dowe hob hier Erzbergers Realismus und Weitsicht hervor, die vielen Zeitgenossen fehlte. Auch wenn Erzberger selbst die Vertragsbedingungen als faktisch unannehmbar ansah, wusste er aber um die Konsequenzen bei einer Verweigerung der deutschen Unterschrift unter den Friedensvertag. Er analysierte, dass dies zu einer Zerschlagung des Deutschen Reichs, zu weiteren Kriegshandlungen mit weiteren Verlusten und zu einem Ende der demokratischen Bestrebungen führen würde, so der Historiker Dowe.
Erzberger ist somit als herausragende Persönlichkeit des demokratischen Neuanfangs nach dem Untergang des obrigkeitsstaatlich geprägten Kaiserreicht zu sehen. Um diesen maßgeblich mitzugestalten, nahm Erzberger wichtige und verantwortungsvolle Posten ein.
Trotz großer Verdienste als Minister und Vizekanzler haftete Erzberger dennoch das von rechter Propaganda verbreitete Makel eines „Volksverräters“, der deutsche Interessen verraten und verkauft habe, teilweise bis heute an – wie auch die Schulleiterin Gabriele Kallenbach-Blasen schon zuvor in ihrer Begrüßung verdeutlicht hatte. Bei einem Kuraufenthalt im Schwarzwald wurde Erzberger schließlich von zwei rechtsradikalen Attentätern, die durch die antidemokratische Stimmung angeheizt wurden, kaltblütig erschossen. Zum Abschluss seines Gedenkvortrags fasst Christopher Dowe noch einmal die Bedeutung Erzbergers aus heutiger Sicht zusammen. Gerade Erzbergers Schicksal sensibilisiere dafür, wie schnell aus populistischer Hetze Gewalt bis hin zum Mord erwachse. In Erzberger sei ein Sinnbild zu sehen, wie wichtig es sei, sich für den Schutz und Erhalt der Demokratie einzusetzen, schloss Christopher Dowe seine Festansprache.
Im weiteren Verlauf stellten Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums ihre Projekte vor, die trotz der Widrigkeiten dennoch vor den Sommerferien stattfinden konnten. Eine Schülergruppe hat sich mit der interessanten Frage befasst, wie Matthias Erzberger, der ja auch ein leidenschaftlicher Publizist war, sich in den heutigen sozialen Medien positionieren würde. Zu aktuellen Themen haben sie u.a. fiktive Posts und Instagram-Profile erstellt. Andere Klassen haben sich mit Hilfe der Auswertung von Erzbergers Schriften mit seinen politischen Ideen näher befasst, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass er seiner Zeit u.a. hinsichtlich des europäischen Einigungsgedanken weit voraus war.
Nach den Oberstufenschülerinnen und -schülern berichteten Schülerinnen der Berufsfachschule von ihrer Exkursion nach Buttenhausen. In der dortigen Gedenkstätte in Erzbergers Geburtshaus haben sie einen Zugang zur Person Erzbergers gefunden und erkannt, welche schweren Rückschläge Erzberger zeit seines Lebens zu verkraften hatte. Dennoch habe er nie seine Prinzipien über Bord geworfen oder aufgegeben. Dies beeindruckte die Schülerinnen und Schüler im besonderen Maße.
Einen würdigen Abschluss fand die Veranstaltung in dem literarisch-musikalischen Beitrag von Susanne Gründler und Christian Osigus. Zu getragener Musik trugen Schülerinnen und Schüler aus dem „Off“ Zitate und Begrifflichkeiten zu Erzberger vor, bevor Susanne Gründler dann auf eindrucksvolle Weise Kurt Tucholskys Gedicht „Nachruf“ rezitierte. Mit musikalischen Anspielungen an die Nationalhymne klang die Veranstaltung, durch die die beiden Geschichtslehrer M*** N*** und David Staron geführt haben, mit einem E-Gitarrensolo aus.

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